Mitteldeutsche Zeitung – 01.11.2019
…Virginia Weidlich steht an einem Pult ganz hinten im Zuschauerraum des Großen Saals der Phönix-Theaterwelt. Der Regisseurin und Gesangslehrerin geht es sichtlich nicht gut, sie ist schwer erkältet, hat Fieber, Elan strahlt sie trotzdem aus: „Hilft nichts, wir müssen anfangen. Wir haben schon so viel Kraft investiert.“
Die Teile zusammenführen
Am Dienstag fand die erste Probe mit sämtlichen Beteiligten für das Kindermusical „Pinocchios Abenteuer“ statt, das am Samstagnachmittag seine Premiere erleben wird. Es gilt, zusammenzuführen, was über Monate hinweg einzeln geprobt wurde. Und es sind wie berichtet zahlreiche Menschen involviert in das ehrgeizige Projekt der Wittenberger Kreismusikschule: Gesangsstudenten der Martin Luther Universität in Halle, Musiker des Paul-Gerhardt-Orchesters, der Kinderchor der Musikschule, das Tanzstudio Porwol, ältere und jüngere Gesangsschüler.
Erfahrene Profis wie Michael Stolle, Kapellmeister im Ruhestand mit Lehrauftrag an der Uni tragen zum Gelingen der Aufführung ebenso bei wie etwa Larissa Mohr, acht Jahre alt und Mitglied im Kinderchor.
Die Oper für Kinder stammt maßgeblich von dem namhaften Komponisten Kurt Schwaen, der den berühmten Stoff des italienischen Autors Carlo Collodi aufgriff. Das Stück wurde in der DDR oft auf die Bühne gebracht, nach der Wende kaum noch. Kein Wunder, dass die Witwe des Komponisten Ina Iske-Schwaen sehr genau verfolgt, wie die Oper in Wittenberg inszeniert wird.
Die Aufmerksamkeit der Berlinerin, die das Archivs ihres verstorbenen Mannes leitet, ist eine zusätzliche Herausforderung für die Akteure. Zu denen zählt Alina Gütling. Die 19-jährige Wittenbergerin hat zwar zwölf Jahre Flöte gespielt an der Musikschule, aber erst seit einem Jahr Gesangsunterricht. Dass sie trotzdem eine große Rolle bekommen hat, Grille, Fee und alte Frau, hat mit ihrem Talent zu tun.
„Es ist eine Ehre, dass sie mir das zutrauen“, sagt die junge Frau, die Gymnasium und Bundesfreiwilligendienst absolviert hat und sich das Theater als künftigen Beruf gut vorstellen kann – nicht als Sängerin, sondern in der Bühnenmalerei. Sie jobbt derzeit, das Projekt Kinderoper nutzt Alina Gütling zur „persönlichen Weiterentwicklung“. Sie ist selbst gespannt, wie gut es ihr gelingen wird, die anspruchsvolle Rolle umzusetzen.
Das geht den Geschwistern Juliane und Larissa Mohr ähnlich. Allerdings haben sie keine Solopartien zu absolvieren, die Mädchen, acht und elf Jahre alt, singen im Kinderchor. Ein Erlebnis ist das Einstudieren einer Oper und der Auftritt auf einer großen Bühne aber selbstredend: „Wir proben schon seit Januar“, berichten die beiden, die über einen Mangel an Aufgaben nicht klagen können.
Sie lernen jeweils noch Instrumente, haben Musiktheorie, die Schule nicht zu vergessen. Das alles samt der Proben unter einen Hut zu bringen, ist nicht ganz einfach. Dafür seien die Lieder, die sie bei „Pinocchio“ singen, nicht sonderlich schwer. Komplizierter ist es hingegen, den richtigen Einsatz zu erwischen und die Auf- und Abgänge auf der Bühne.
Für die schwierigen Partien
Deutlich mehr Erfahrung bringt Sophia Oertel mit. Sie ist eine der Gesangsstudenten, die sich an der Opern-Aufführung in Wittenberg beteiligen – Michael Stolle hatte sie gebeten, die schwierigen Partien zu übernehmen. Die 25-Jährige, die aus Dresden stammt und bereits einige Abschlüsse in der Tasche hat, freut sich auf die große Rolle, die sie darstellen darf. …